Fundort: Combe Capelle, rechtes Ufer der Couze, Gemeinde Saint-Avit-Sénieur, 20 Kilometer östlich von Bergerac, Dordogne, Frankreich
Spezies: Homo sapiens
Geschätztes Alter: 35.000 Jahre
Kultur: Moustérien, Chatelperronien , Aurignacien
Koordinaten: 44.752777° N, 0.848611° E

Combe-Capelle ist der Name von vier nahe beieinander gelegenen, paläolithischen Fundstellen nahe der Gemeinde Saint-Avit-Sénieur in der Dordogne, Frankreich.

Die vier Fundstellen heißen Combe-Capelle Bas, Abri Peyrony, Roc de Combe-Capelle und Plateau de Ruffet, wobei jede dieser Lokalitäten eine eigene archäologische Sequenz aufweist. Combe Capelle wurde im Jahre 1885 von Michel-Antoine Landesque entdeckt. 1908 wurde das Areal von dem Schweizer Archäologen Otto Hauser gepachtet und ab 1909 an den Abhängen des Flusstales (Fundstelle "Roc de Combe Capelle") Ausgrabungen durchgeführt. Seine Grabungsmannschaft legte insgesamt vier Kulturschichten frei. Von unten nach oben gehörten sie zum Moustérien, Châtelperronien, Aurignacien sowie Gravettien. An der Stelle Combe-Capelle Bas wurden in den 1980ern und Anfang der 1990er Jahre Ausgrabungen durch Harold Lewis Dibble und Michel Lenoir durchgeführt.

Das Abri Peyrony (auch bekannt unter dem Namen Haute de Combe-Capelle) wurde 1925 von Denis Peyrony untersucht. Er fand zahlreiche Artefakte der "Moustérien de tradition acheuléenne" (MTA), einer Industrie, die für das Endstadium des Moustérien kennzeichnend ist. Das MTA ist von großem paläoanthropologischem Interesse, denn es wird mit den letzten Neandertalern in Verbindung gebracht und ist möglicherweise der Ursprung des Châtelperroniens.

Der Mann von Combe-Capelle

Roc de Combe-Capelle liegt in etwa 60 Metern Entfernung vom Abri Peyrony. Berühmt wurde diese Fundstelle 1909 durch die Entdeckung eines fast vollständig erhaltenen Skeletts eines Homo sapiens durch Otto Hauser. Er selbst und auch spätere Forscher brachten "den Mann von Combe-Capelle" mit dem Châtelperronien in Verbindung. Darüber befanden sich zudem Schichten des Aurignacien, Gravettien und Solutréen.

Kleine Fundgeschichte

Am 26. August 1909 entdeckte ein von Otto Hauser angestellter Arbeiter einen menschlichen Schädel. Hauser, gerade abwesend von der Stelle, wurde sofort benachrichtigt und erkannte gleich die Bedeutung der Überreste, die sich in etwa 2 Metern Tiefe befanden. In den folgenden Wochen organisierte er mit Unterstützung des Anthropologen Hermann Klaatsch die Ausgrabung dieser offensichtlichen Bestattung.

Der Fund war für die damalige Zeit gut dokumentiert und anhand einer Reihe von Fotografien konnten andere Forscher das Skelett einem schätzungsweise zwischen 40 und 50 Jahre alten Mann zuordnen. Hauser und Klaatsch nahmen an, dass die Bestattung mit der untersten Aurignacien-Schicht in Zusammenhang steht. Damit war das Grab die zu dieser Zeit früheste bekannte altsteinzeitliche Ansammlung, bestätigt durch eine Reihe von vermutlichen Grabbeigaben und 16 Molluskenschalen, meist perforiert, die in der Nähe des Schädels gefunden wurden (Klaatsch und Hauser, 1910).

Otto Hauser war auch Geschäftsmann und innerhalb weniger Wochen machte er Combe-Capelle als Grabstätte eines frühen modernen Menschen bekannt. Hauser bot den Fund für 160.000 Goldmark zum Verkauf an, zusammen mit dem Neandertaler aus Le Moustier, der im Jahr 1908 gefunden wurde. Das Berliner Museum entschied sich, die Funde zu kaufen, nicht ohne Unterstützung von Geldgebern wie Kaiser Wilhelm II. Ab 1910 waren beide Gräber in der deutschen Hauptstadt ausgestellt.

Am 3. Februar 1945 wurden die postcranialen Überreste der Skelette während der Bombardierung des Martin-Gropius-Baus zerstört, während die Schädel sicher in den Lagerräumen aufbewahrt wurden (Hoffmann, 2003). Im Jahr 1955 konnte man ein paar verbrannte Knochen der Funde identifizieren, als man die Brandrückstände der untersuchte. Dennoch sind die Skelette von Combe-Capelle und Le Moustier für die Wissenschaft für immer verloren.

Im Jahre 1945, während viele wertvolle Artefakte aus dem Berliner Museum von der Roten Armee nach Russland gebracht wurden, ging der Combe-Capelle Schädel scheinbar spurlos verloren. Doch im Jahr 2001 konnte A. Hoffmann den Schädel unter vielen archäologischen Stücken wiederfinden, die im Jahr 1958 an die DDR ohne weitere Informationen zurückgegeben wurden. Heute ist der Schädel im Neuen Museum in Berlin ausgestellt.

Neudatierung

Zweifel an dem von Hauser angegebenen Alter von etwa 30.000 Jahren kamen im Jahr 2011 auf, als Wissenschaftler vom Leibnitz-Labor für Altersbestimmung und Isotopenforschung in Zusammenarbeit mit anderen Instituten einen Zahn des Mannes neu datierten. Demnach muß man den Mann von Combe-Capelle wohl von der Liste der frühesten anatomisch modernen Menschen in Europa streichen, denn er lebte vermutlich vor nicht mehr als 9.500 Jahren. Damit verliert das französische Grab seine herausragende Bedeutung für die jüngere Altsteinzeit (Hoffmann et al., 2011).


Literatur

  • H. Klaatsch, O. Hauser. 1910. Ein paläolithischer Skelettfund aus dem unteren Aurignacien der Station Combe Capelle bei Montferrand (Périgord). Prähistorische Zeitschrift I. Bd. 3/4, S. 273-338.
  • Denis Peyrony. 1943 Le gisement du roc de Combe Capelle (Commune de Saint-Avit-Sénieur, Dordogne) Bulletin Société historique Périgord 70
  • Harold L. Dibble, Michel Lenoir. 1997. Données nouvelles sur le gisement de Combe-Capelle à Saint-Avit-Sénieur (Dordogne). Gallia Préhistoire, vol. 39 p. 31-83
  • Almut Hoffmann, Jean-Jacques Hublin, Matthias Hüls, Thomas Terberger. 2011. The Homo aurignaciensis hauseri from Combe-Capelle - A Mesolithic burial. Journal of Human Evolution 61, pp. 211 - 214. DOI: 10.1016%2Fj.jhevol.2011.03.001

Koordinaten von fossilized.org

1 Fundstücke
Nachfolgende Fotos © Human Evolution Research Center, (US-Lizenz Fair Use)


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